Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Diskriminierungssensible Sprache

Geschlechtergerechte Sprache

Empfehlungen der Universität Halle

Im Leitbild Gleichstellung verpflichtet sich die MLU zu einem geschlechtergerechten Sprachgebrauch in allen offiziellen Dokumenten sowie im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und des Hochschulmarketings und erklärt, dass die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache in der Lehre selbstverständlich werden soll. Des Weiteren unterstreicht die MLU, dass geschlechtergerechter Sprachgebrauch eine wesentliche Voraussetzung dafür sei, um alle Mitglieder der Universität gleichberechtigt anzusprechen. Ziel müsse es sein, geeignete Instrumente und Handreichungen zu entwickeln, die alle Beschäftigten bei der Anwendung geschlechtergerechter Sprache unterstützen.

Die Universität Halle hat bisher keinen offiziellen Sprachleitfaden verabschiedet. Ein Vorschlag für einen solchen wird aktuell von der Stabsstelle Vielfalt und Chancengleichheit erarbeitet und in den entsprechenden Gremien zur Diskussion gestellt.

Die Medizinische Fakultät der MLU hat bereits eine Empfehlung für genschlechtersensible Sprache    veröffentlicht und nutzt diese.

Die folgenden unverbindlichen Informationen der Präventions- und Beratungsstelle Antidiskriminierung können eine nützliche Orientierung sein, wenn Sie eine gendersensible Sprache verwenden möchten.


Gründe für die Nutzung einer geschlechtergerechten Sprache

Aktuell sind im deutschen Personenstandsgesetz vier Geschlechtsoptionen vorgesehen: »männlich«, »weiblich«, »divers« und »keine Angabe«. Geschlechtergerechte Sprache bedeutet, so zu formulieren, dass Menschen aller Geschlechter angemessen addressiert werden, wenn sie gemeint sind.

Die Nutzung des sogenannten generischen Maskulinums mit dem Zusatz »Alle anderen Geschlechter sind mitgemeint« gilt es daher zu vermeiden. Dies gilt analog für die Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums plus Zusatz in Klammern (»Wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w/d)«).

Stattdessen gibt es vielfältige Möglichkeiten, um Texte geschlechtergerecht zu formulieren, von denen Gebrauch gemacht werden kann und die Texte keineswegs unverständlich machen – im Gegenteil: Durch geschlechtergerechtes Formulieren werden Texte nicht nur diskriminierungssensibler sondern auch präziser, da stets deutlich wird, wer tatsächlich gemeint ist. So stellen Sie sicher, dass die Personen, die gemeint sind, sich auch tatsächlich angesprochen fühlen.

Sie können die Wirkung des sogenannten generischen Maskulinums bei sich selbst beispielhaft anhand einer kleinen Geschichte überprüfen:

Ein Vater fuhr mit seinem Sohn im Auto. Auf einem Bahnübergang blieb der Wagen stehen, woraufhin das Auto von einem herannahenden Zug erfasst wurde. Der Vater starb noch am Unfallort. Ein Krankenwagen brachte den schwer verletzten Sohn in ein Krankenhaus. Er musste sofort operiert werden und ein Team von Chirurgen wartete schon auf das Eintreffen des Krankenwagens. Im Krankenhaus angekommen, wurde der Sohn in den Operationssaal gefahren, wo die diensthabenden Chirurgen schon bereit standen. Als sie sich jedoch über den Jungen beugten, hörte man aus der Mitte der Chirugen den entsetzten Ausruf: »Ich kann nicht operieren – das ist mein Sohn!«
(vgl. Annabell Preussler: Über die Notwendigkeit des (geschlechter)gerechten Ausdrucks. 2004)

Irritiert Sie diese Geschichte? Haben Sie gedacht, dass es sich um eine Verwechslung handeln muss? Oder daran, dass der Sohn vielleicht homosexuelle Väter hat? Sind Sie auf die Idee gekommen, dass es sich bei einem »der Chirurgen« um die Mutter des Sohnes handeln könnte?

Dies illustriert, dass die Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums zwar angenehm kurz, aber dafür sehr unpräzise ist und schnell zu Missverständnissen führen kann (z.B. werden im sogenannten generischen Maskulinum aus »49 Ballettänzerinnen und einem Baletttänzer« »50 Ballettänzer«). Manche Personen verwenden das sogenannte generische Maskulinum sogar zur Bezeichnung rein weiblicher Gruppen, z.B. wenn die Leiterin eines Frauenhauses von ihren »Klienten« spricht.

Bei der Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums ist nicht ersichtlich, ob es sich bei einer Aussage um eine generische oder spezifische Personenbezeichnung handelt. Studien zeigen, dass so tatsächlich häufig nur männliche Personen assoziiert werden und geschlechtergerechte Sprache präziser ist und das Textverständnis nicht beeinträchtigt.

Geschlechtergerechte Sprache hat somit drei Vorteile: Sie dient der Eindeutigkeit, der angemessenen Repräsentation und der Antidiskriminierung.


Anwendung einer geschlechtergerechten Sprache

Grundsätzlich verfolgt geschlechtergerechtes Formulieren zwei Strategien: Wenn Geschlecht in einer Aussage eine Rolle spielt, sollte es konkret benannt werden (Strategie der Sichtbarmachung). Wenn Geschlecht keine Rolle spielt (z.B. wenn »alle« gemeint sind), können neutrale Formulierungen gewählt werden (Strategie des Unsichtbarmachens).

Für die konkrete Umsetzung dieser Strategien gibt es eine große Vielzahl an Vorschlägen, die verwirrend sein kann. Im Folgenden finden Sie eine Auswahl von guten und lesefreundlichen Möglichkeiten, geschlechtergerecht zu formulieren.

Unsichtbarmachen: neutrale Formulierungen

  • Beispiele: »Liebes Team«, »Sehr geehrtes Publikum«, »Geschäftsführung«, »Person«, »Lehrpersonal«, »Teilnahmeliste« statt »Teilnehmerliste«, Redepult« statt »Rednerpult«, »bedienungsfreundlich« statt »benutzerfreundlich«, »Eltern« statt »Mutter und Vater«
  • Vorteile: kurz, grammatisch einfach, stört den Lesefluss nicht, konform mit der deutschen Rechtschreibung
  • Nachteile: kann unpersönlich und distanziert wirken; bietet sich eher an, wenn Rollen und Funktionen von Personen im Vordergrund stehen

Unsichtbarmachen: substantivierte Partizipien

  • Beispiel: »die Studierenden«
  • Vorteil: kurz, grammatisch einfach, konform mit der deutschen Rechtschreibung
  • Nachteil: Geschlechtsneutralität nur im Plural gegeben

Unsichtbarmachen: Umformulierungen

  • in direkte Anrede: »Bitte unterschreiben Sie hier« statt »Unterschrift des Antragstellers«
  • mit Adjektiven: »fachärztliche Ausbildung« statt »Ausbildung zum Facharzt«, »kollegiale Unterstützung« statt »Unterstützung von Kollegen«
  • mit handlungsbezeichnenden Substantiven: »Die erfolgreiche Teilnahme an der Fortbildung wird mit einem Zertifikat bestätigt.« statt »die Teilnehmer erhalten ein Zertifikat.«
  • mit modalem Infinitiv: »folgende Hinweise sind zu beachten« statt »der Antragssteller hat zu beachten«
  • mit neutralen Pronomen: »Wer die Prüfung ablegen will, hat den Studierendenausweis vorzulegen.«; Tipp: Die Pronomen »jeder« oder »jedermann« können durch das geschlechtsneutrale Pronomen »alle« oder »wer« ersetzt werden. Konsequenter Weise soltle sich kein männliches Pronomen anschließen (z.B. »Wer zu spät kommt, wird vom Leben bestraft« statt »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.«
  • mit Partizipien: »herausgegeben von« statt »Herausgeber«
  • in Passivformen: »Informationen zum Ausgang des Verfahrens werden am 05. Mai versendet« statt »der Bewerber wird am 05. Mai informiert«

Sichtbarmachen: Beidnennung (binäre Geschlechtsidentitäten)

  • weibliche und männliche Form werden mit »und« verknüpft.
  • Beispiel: »Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen«
  • Vorteile: grammatisch unproblematisch, irritiert nicht, konform mit der deutschen Rechtschreibung
  • Nachteile: lang; nicht alle Geschlechtsidentitäten werden adressiert, z.B. nicht-binäre Personen fehlen, daher ungeeignet für Aussagen, die alle Geschlechter adressieren

Sichtbarmachen: Gender-Stern (alle Geschlechtsidentitäten)

Damit Menschen aller Geschlechter addressiert werden können, haben sich verschiedene Formen mithilfe von Sonder- und Interpunktionszeichen entwickelt, die größten Teils auf dieselbe Art und Weise angewendet werden: Der Gender-Stern (*), der Gender_Gap (_) und der Gender-Doppelpunkt (:) sind die drei wohl bekanntesten Varianten im der deutschen Sprache. Aktuell ist laut Beobachtungen des deutschen Rechtschreibrats der sogenannte Gender-Stern mit Abstand am weitesten verbreitet:

  • zwischen Wortstamm und femininer Endung wird ein Asterisk (*) eingefügt, außerdem bei Artikeln und Pronomen
  • Beispiel: »Liebe Student*innen«, »Jede*r Student*in bringt seinen*ihren Laptop mit.«
  • Vorteile: kurz; alle Geschlechter werden adressiert
  • Nachteile: führt mitunter zu grammatikalischen Herausforderungen und ist derzeit noch nicht vom amtlichen Rechtschreibregelwerk abgedeckt; kann den Lesefluss irritieren, dadurch aber auch zum Nachdenken anregen
  • Hinweis: gesprochen wird der Stern als kurze Pause – wie bei dem Wort »Spiegel-Ei« (dem Lebensmittel) in Abgrenzung zum Wort »Spiegelei« (wie in »Eulenspiegelei«)

Für eine Verwendung des Gender-Sterns spricht neben der weiten Verbreitung, dass er in der trans*, inter* und nicht-binären Community entwickelt wurde und auch von vielen trans*, inter* und nicht-binären Personen als Selbstbezeichnung verwendet wird (anders als der Gender-Doppelpunkt, der von Teilen der Community als Fremdbezeichnung abgelehnt wird). Das Symbol des Sterns soll die Vielfalt an möglichen geschlechtlichen Identitäten symbolisieren. Darüber hinaus empfiehlt der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband    ihn in einer Stellungnahme vom März 2021 als einziges Gender-Sonderzeichen, da er im Vergleich zu Unterstrich oder Doppelpunkt barriereärmer ist. Auf Grundlage einer repräsentativen überregionalen Studie spricht sich auch die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit und Informationstechnik    im August 2021 hinsichtlich einer Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache für die Nutzung des Gender-Sterns (Asterisk) aus:

»Die Ergebnisse der überregionalen Studie zeigen die Bedeutsamkeit der Nutzer*innen orientierten Perspektive, im Hinblick auf die Fragestellung der Verwendung eines Zeichens für gendergerechte Sprache und der Haltung zum Gendern. Menschen mit Behinderungen, mit unterschiedlichen geschlechtlichen Identifikationen, unabhängig von ihrem biologisch zugeordneten Geschlecht sowie binäre Personen, sprechen sich, vertreten von ihren Organisationen der Selbstvertretung, für die Verwendung des Asterisks aus. Diese Empfehlung steht im Einklang mit der Empfehlung der Selbstvertretung der LGBTI*Q, die den Asterisk verwendet, da er im Wortbild Freiraum lässt, für die Entfaltung von Geschlechteridentitäten. Er ermöglicht als kommunikatives Mittel, die Visualisierung der Geschlechtervielfalt. In der Befragung der Menschen mit Behinderungen wurde deutlich, dass gendergerechte Sprache im Zusammenhang mit einer Schärfung der gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung und der Achtung der Rechte von Menschen mit Behinderungen steht. Die befragten Selbstvertreter*innen empfinden den Asterisk in digitalen Anwendungen, barrierefreier und gebrauchstauglicher als den Doppelpunkt. Der Genderstern ist Bedeutungsträger gesellschaftlicher Wahrnehmung und Anerkennung von Diversität. Das Gendern berührt als sprachlicher Ausdruck in digitalen Anwendungen, Fragen der Freiheit und der Demokratie von Menschen mit Behinderungen. BFIT-Bund schließt sich der Expert*innen Meinung an und empfiehlt unter der Maßgabe ihres Auftrages nach §8 BITV, das Gendern mit dem Asterisk.«
(Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (August 2021): Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache - eine repräsentative Studie, Kapitel 8: Empfehlungen)

Was es außerdem zu beachten gilt

Achten Sie auch auf die Kongruenz (Übereinstimmung der grammatischen Formen) bei Artikeln, Fürwörtern und Adjektiven. (z.B. »Die Universität ist Arbeitgeberin«)

Wird lediglich eine Möglichkeit der geschlechtergerechten Sprache genutzt, so können sich mitunter umständliche und den Lesefluss störende Formulierungen ergeben, z.B. »Der*die Student*in hat zur Prüfung seinen*ihren Student*innenausweis mitzubringen«. Hier empfiehlt sich als Alternative die Nutzung des Plurals und substantivierter Partizipien, da diese den Satz kürzer und lesefreundlicher machen: »Die Student*innen haben zur Prüfung ihre Studierendenausweise mitzubringen«.

Generell gilt: Durch eine Kombination der verschiedenen Möglichkeiten lässt sich geschlechtergerecht, präzise und lesefreundlich formulieren – nutzen Sie daher die verschiedenen Möglichkeiten so, dass sie im jeweiligen Kontext gut passen. Geschlechtergerechte Sprache ist nur dann umständlich, wenn Sie umständlich angewendet wird.

Anrede

Wenn Sie wissen, wie eine Person  angesprochen werden möchte, können sie die entsprechende vergeschlechtlichte Form verwenden (»Sehr geehrter Herr Müller«, »Frau Olsen und Frau Mohammed sind geschätzte Kolleginnen«).

Bei Personen, die ein feminines Pronomen nutzen, können auch Titel angepasst werden: »Prof.in Dr.in Arslan«. Manche Personen lehnen dies jedoch für sich ab. Im Zweifel können Sie die betreffende Person einfach fragen.

Wenn Sie nicht wissen, wie die Person, über die Sie sprechen, angesprochen werden möchte, können Sie neutrale Formulierungen wählen. Verzichten Sie in dem Fall auf die vergeschlechtlichen Begriffe »Herr« und »Frau« und nutzen Sie stattdessen den Vor- und Nachnamen der Person:

  • »Guten Tag Vorname Name«
  • »Sehr geehrte*r Vorname Name«
  • »Wie Vorname Name gerade ausgeführt hat ...«
  • »Sehr geehrte Zuhörer*innen«

Pronomen

Im Deutschen sind Pronomen in der 3. Person Einzahl binär geschlechtsspezifisch (»sie/ihr«, »er/sein«), da das neutrale Pronomem »es« eher für Gegenstände verwendet wird.

Da es aber auch Personen gibt, die eine nicht-binäre Geschlechtsidentität haben und sich nicht von den gängigen Pronomen adressiert fühlen, nutzen diese Neo-Pronomina (neue Pronomen) wie »sier«, »per« oder »xe« (»René studiert. Xe ist im dritten Semester.«). In der schwedischen Sprache gibt es bereits offiziell das Neo-Pronomen »hen«, in der englischen Sprache hat sich "they" etabliert. Im Deutschen werden dagegen bisher verschiedene Neo-Pronomina verwendet.

Sie können die Nutzung von Pronomen auch umgehen, in dem Sie den Namen verwenden (»Ray Xing hat Ray Xings Hausarbeit abgegeben«), was jedoch zu einer häufigen Wiederholung des Namens führt. Manche Personen möchten gar kein Pronomen verwenden und bitten ausschließlich um die Verwendung ihres Namens.

Es gilt, sich bei der jeweiligen Person zu erkundigen, ob und welche Pronomen sie verwendet und diese Wünsche zu respektieren, wenn mit oder über die Person gesprochen wird. Dies braucht in der Regel ein bisschen Übung. Wenn Ihnen ein falsches Pronomen herausrutscht, entschuldigen Sie sich kurz und korrigieren Sie sich. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie eine Person richtig adressieren, fragen Sie freundlich nach.

In interaktiven Veranstaltungen wie Seminaren, Weiterbildungen für Beschäftigte oder Workshops können Sie zu Beginn eine Vorstellungs- und Pronomenrunde machen, in der alle Teilnehmenden mitteilen, wie sie angesprochen werden wollen. Wenn Sie Namensschilder verwenden, können auf diesen auch die Pronomen vermerkt werden.

Eine sich zunehmend etablierendende und einfach umsetzbare Praxis ist, in der eigenen E-Mail-Signatur Angaben zur gewünschten Anrede zu machen. Dann wissen Personen, denen Sie schreiben, wie sie Sie richtig ansprechen können und müssen nicht nachfragen. Zudem signalisieren Sie, dass Sie für das Thema sensibilisiert sind und leisten eine Beitrag dazu, weitere Personen für das Thema zu sensibilisieren, z.B.: »Mein Pronomen ist sie/ihr. Damit ich auch Sie richtig ansprechen kann, freue ich mich, wenn Sie mir Ihre Pronomen mitteilen.«

Sollten Sie bemerken, dass eine Person über eine Ihnen bekannte Person spricht und die falschen Pronomen verwendet, korrigieren Sie diese. Wenn Sie eine Person kennen, die früher unter einem anderen Namen und Pronomen bekannt war, behandeln Sie diese Information absolut vertraulich, damit es zu keinem Zwangsouting kommt.

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