Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Illustration: Eva Feuchter

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Diskriminierungssensibler Umgang mit trans*, inter* und nicht-binären Studierende in Lehrveranstaltungen

Wichtiger Hinweis

Seit Juli 2023 ist es Studierenden der MLU möglich, ihren Namen und Personenstand an der Universität auf Grundlage einer Selbstauskunft zu ändern. Alle Informationen hierzu finden Sie hier.

Daher werden alle Hinweise in der Handreichung, die sich auf diesen Punkt beziehen, weitesgehend hinfällig.

Bitte weisen Sie betroffene Studierenden auf diese Möglichkeit der Namens- und Personenstandsänderung hin.

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Handreichung zum Download (PDF)
2203 Handreichung TIN Studierende.pdf (169 KB)  vom 11.03.2022


Handreichung als Text

Die Universität Halle legt Wert auf einen diskriminierungssensiblen Umgang miteinander und sieht sich in allen Bereichen den Prinzipien der Gleichstellung, Chancengleichheit und Antidiskriminierung verpflichtet. In ihrem Diversity Statement unterstreicht sie die Wertschätzung ihrer Mitglieder auch hinsichtlich ihrer Geschlechter und Geschlechtsidentitäten in einem Verständnis, das explizit auch trans*- und inter*geschlechtliche sowie andere nicht-binäre Personen (kurz: TIN) einschließt.

Derzeit ist es TIN Studierenden der MLU nicht möglich, ihre selbstgewählten Namen und Personenstände in universitären Systemen erfassen zu lassen, bevor eine offizielle Namens- und Personenstandsänderung beim zuständigen Amtsgericht zumindest beantragt oder gemäß §45b PstG bereits durchgeführt wurde. Diese Verfahren sind jedoch häufig langwierig sowie mit hohen Kosten verbunden und werden von vielen Betroffenen als diskriminierend und demütigend erlebt. Dies führt dazu, dass viele TIN Studierende mit Namen und Geschlechtseinträgen in zentralen Systemen der MLU erfasst sind, die nicht ihrer Identität entsprechen. Dies führt nicht nur zu Verwirrungen, da die Personen unter anderen Namen und Geschlechtsidentitäten im universitären Alltag bekannt sind, sondern auch wiederholt zu sehr belastenden, diskriminierenden und retraumatisierenden Situationen, welche die Studierfähigkeit und psychische Gesundheit von TIN Studierenden erheblich einschränken können.

Lehrveranstaltungen können so zu angstbesetzten Orten werden. Als Lehrkraft können Sie jedoch mit einfach umsetzbaren Maßnahmen sensibel auf diese Situation reagieren und diesen Personen einen Besuch Ihrer Lehrveranstaltungen ermöglichen:

  • Signalisieren Sie einen unterstützenden, sensiblen Umgang und ermöglichen Sie TIN Studierenden, Sie diesbezüglich zu kontaktieren, z.B. indem Sie in Ihrer Veranstaltungsankündigung darauf hinweisen.
  • Ermöglichen Sie Personen, ihre gewünschten Vornamen und Pronomen mitzuteilen, damit Sie und andere Teilnehmende sie richtig ansprechen können. Sie können z.B. die Anwesenheitskontrolle mit einer Vorstellungsrunde verbinden: Alle Teilnehmenden nennen ihre Namen und Pronomen und z.B. ihr spezifisches Interesse an der Lehrveranstaltung. Sie können währenddessen die Personen in Ihrer Liste abhaken und sich die richtigen Namen und Pronomen vermerken.
  • Wenn die hygienischen Bestimmungen es erlauben, können Sie auch einfach eine leere Liste herumgeben, in die sich die Studierenden selbst eintragen.
  • Verwenden Sie nur Namen und geschlechtsspezifischen Bezeichnungen (z.B. Pronomen, Anrede), die der Geschlechtsidentität der Person entsprechen. Wenn Sie sich unsicher sind, fragen Sie einfach freundlich nach.
  • Vermeiden Sie unbedingt das Exponieren von TIN Personen, da dies eine zusätzliche Belastung oder sogar ein Zwangsouting darstellen kann.
  • Ermöglichen Sie TIN Personen die Abgabe von Studienleistungen, ohne ihren amtlichen Vornamen angeben zu müssen. Eine eindeutige Identifikation gewährleistet die Angabe der Matrikelnummer.

Da nicht zutreffende Namen in Stud.ip, studentischen E-Mail-Adressen und bei MLU conf (sofern digitale Räume direkt im Stud.ip eingebunden werden) erscheinen, können folgende Alternativen angeboten werden:

  • Erstellen Sie digitale Räume über die Webseite mluconf.uni-halle.de und teilen Sie den Link zum Raum in einer Nachricht, anstatt diesen in Stud.ip direkt einzubinden. Dies ermöglicht Teilnehmenden, ihre Namen selbst anzugeben.
  • Stellen Sie die Teilnahmeliste im Stud.ip auf unsichtbar und erstellen Sie stattdessen einen Verteiler mit den E-Mail-Adressen der Teilnehmenden, der von diesen zur Kommunikation untereinander genutzt werden kann. Ermöglichen Sie den Studierenden zuvor, Ihnen ihre E-Mail-Adressen mitzuteilen, sofern diese von den studentischen Adressen abweichen.
  • Ermöglichen Sie TIN Studierenden, Ihnen Dateien zu schicken und sie für sie im Stud.ip hochzuladen, anstatt dass diese sie selbst hochladen müssen.
  • Wenn Sie Wikis oder Foren nutzen möchten, ermöglichen Sie die Nutzung externer Angebote, welche die Angabe eines anderen Namens ermöglichen.

Vielen Dank, dass Sie aktiv zur Diskriminierungssensibilität unserer Universität beitragen!



Weiterführende Informationen

Transition

"Transition" bezeichnet den Prozess des Übergangs von einer als nicht zutreffenden empfundenen, üblicher Weise bei der Geburt anhand der äußeren Genitalien zugeschriebenen Geschlechtsidentität in eine andere der eigenen Identität entsprechende Geschlechtsidentität. Sie kann auf rechtlicher (z.B. Änderung des Personenstandes und Vornamens), physischer (z.B. operative Maßnahmen und Hormoneinnahme) und sozialer Ebene (z.B. durch einen neuen Kleidungsstil) vollzogen werden. Dieser Prozess kann langwierig sein und ist für betroffene Personen mit einer großen emotionalen Belastung und häufigen Diskriminierungserfahrungen verbunden. Wenn Sie Personen in der Transition unterstützen möchten, können Sie folgende Dinge beachten.

Namen, Pronomen und Anrede

Personen in der Transition sind häufig noch mit dem veralteten, falschen Namen in Systemen und im Gedächtnis ihrer Mitmenschen gespeichert und werden daher immer wieder falsch angesprochen. Dies bezeichnet man als "Deadnaming". "Deadname" (engl. »toter Name«) bezeichnet den veralteten, nicht-zutreffenden Vornamen, der meist bei der Geburt erhalten wurde und einer nicht zutreffenden Geschlechtsidentität zugeordnet ist. Im Zuge der Transition geben sich Personen häufig einen neuen Namen, mit dem sie sich identifizieren und der ihre Geschlechtsidentität ausdrückt. Die Verwendung des Deadname wird als sehr verletztend empfunden und kann ein Zwangsouting darstellen. Um dies zu vermeiden, sollten Sie daher respektieren, wenn eine Person Ihnen mitteilt, dass Sie mit einem anderen Namen angesprochen werden möchte und den unzutreffenden alten Namen nicht mehr verwenden.

Ebenso findet häufig ein Wechsel von Pronomen statt. Im Deutschen sind Pronomen in der 3. Person Einzahl binär geschlechtsspezifisch (»sie/ihr«, »er/sein«), da das neutrale Pronomem »es« eher für Gegenstände und daher eher selten als Selbstbezeichnung verwendet wird. Wenn eine Person Ihnen mitteilt, dass sie zukünftig z.B. nicht mehr mit "er" sondern mit "sie" angesprochen werden möchte, sollten Sie das respektieren. Da sich manche Personen nicht-binär verorten und auch nicht von den gängigen Pronomen "sie" und "er" adressiert fühlen, nutzen sie Neo-Pronomina (neue Pronomen) wie »sier«, »per« oder »xe« (z.B. »René studiert. Xe ist im dritten Semester.«). In der schwedischen Sprache gibt es bereits offiziell das Neo-Pronomen »hen«. Im Deutschen werden dagegen bisher verschiedene Neo-Pronomina verwendet. Sie können die Nutzung von Pronomen auch umgehen, in dem Sie den Namen verwenden (»Ray Xing hat Ray Xings Hausarbeit abgegeben«), was jedoch zu einer häufigen Wiederholung des Namens führt. Manche Personen möchten gar kein Pronomen verwenden und bitten ausschließlich um die Verwendung ihres Namens. Sie verhalten sich unterstützend, wenn Sie sich bei der jeweiligen Person erkundigen, ob und welche Pronomen sie verwendet und diese Wünsche respektieren, wenn mit oder über die Person gesprochen wird. Dies braucht in der Regel ein bisschen Übung. Wenn Ihnen ein falsches Pronomen herausrutscht, entschuldigen Sie sich kurz und korrigieren Sie sich. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie eine Person richtig adressieren, fragen Sie freundlich nach.

Auch bei der Anrede empfiehlt es sich, zunächst zu erfragen, welche Form der Anrede gewünscht ist, bevor Sie Personen mit "Herr X" oder "Frau Z" ansprechen. Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie statt "Herr" oder "Frau" einfach Vorname und Nachname nennen.

In interaktiven Veranstaltungen wie Lehrveranstaltungen, Weiterbildungen oder Workshops können Sie zu Beginn eine Vorstellungs- und Pronomenrunde machen, in der alle Teilnehmenden mitteilen, wie sie angesprochen werden wollen. Wenn Sie Namensschilder verwenden, können auf diesen auch die Pronomen vermerkt werden.

Eine sich zunehmend etablierendende und einfach umsetzbare Praxis ist, in der eigenen E-Mail-Signatur Angaben zur gewünschten Anrede zu machen – auch dann, wenn Sie selbst von anderen Personen immer richtig adressiert werden. Dann wissen Personen, denen Sie schreiben, wie sie Sie richtig ansprechen können und müssen nicht nachfragen. Zudem signalisieren Sie, dass Sie für das Thema sensibilisiert sind und leisten eine Beitrag dazu, weitere Personen für das Thema zu sensibilisieren: z.B. »Meine Pronomen sind sie/ihr und ich nutze die Anrede "Frau XY". Damit ich auch Sie richtig ansprechen kann, freue ich mich, wenn Sie mir Ihre Pronomen mitteilen.«

Sollten Sie bemerken, dass eine Person über eine Ihnen bekannte Person spricht und die falschen Pronomen verwendet, korrigieren Sie diese. Wenn Sie eine Person kennen, die früher unter einem anderen Namen und Pronomen bekannt war, behandeln Sie diese Information absolut vertraulich, damit es zu keinem Zwangsouting kommt.

Sanitäre Einrichtungen

Personen in der Transition machen zudem häufiger Diskriminierungserfahrungen, wenn sie öffentliche Toiletten aufsuchen, da diese meist binär getrennt sind (Damentoiletten und Herrentoiletten). Da sie von anderen Personen nicht entsprechend ihrer Geschlechtsidentität wahrgenommen werden oder ihre Geschlechtsidentität nicht in diese binäre Einteilung passt, werden sie von anderen Anwesenden in Sanitäranlagen häufig darauf hingewiesen, dass sie sich in der falschen Toilette befänden und aus den Räumlichkeiten verwiesen. Dies kann dazu führen, dass betroffene Personen versuchen, möglichst wenig zu essen und zu trinken, um nicht auf eine öffentliche Toilette angewiesen zu sein. Dies widerum kann gesundheitliche Schäden zur Folge haben. Unterstüzend ist die Einrichtung von "All-Gender-Toiletten" (als Ergänzung zu den Damentoiletten und Herrentoiletten), die Personen unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität sicher benutzen können. Außderdem sollten Sie davon ausgehen, dass Personen, die sich in einer öffentlichen Toilette unauffällig verhalten, genau wissen, auf welcher Toilette sie sich befinden und diese einfach nur benutzen wollen. Verhalten Sie sich Ihnen gegenüber genauso freundlich wie allen anderen Personen gegenüber.

An der Uni Halle gibt es an jedem Campus ein Angebot an All-Gender-Toiletten. Alle Informationen hierzu finden Sie hier.

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